Sonntag, 9. Juni 2019

Der erste chilenische Winter

Die langen Flüge scheinen mir nicht mehr so viel auszumachen. Mann/Frau weiß ja, was einen erwartet. Kinofilme bis die Augen zwiebeln, Wegnicken in den unmöglichsten Posen und zum Schluss tun einem alle Knochen weh, besonders der Südpol. Am schlimmsten finde ich den Viehtrieb in den abgesperrten Laufkorridoren vor der Passkontrolle; man schleicht hunderte von Metern, das bleierne Handgepäck wird über den Boden mit dem Fuß weitergeschrappt, immer in Schleifen. Nach jeder Wende die selben übermüdeten Gestalten, Köpfe auf die Handys gerichtet. Kaum jemand redet, wir haben uns gefügt und ergeben und wollen nur noch durch, zum Brandeisen bzw. Einreisestempel.

 Am Gepäckband, an dem die Koffer von drei Flügen gleichzeitig landen, kommt Leben in die Durchhängenden. Hektisches Gedränge und Geschubse, am besten mit Gepäckwagen. Diejenigen, die ihre Koffer ergattert haben, kommen nur schwer vom Band weg, weil Missgünstige, die die freiwerdende Pol Position beerben wollen, den Weg nicht freigeben. Am besten das Ganze, wenn noch Zollbeamte mit Hunden dazwischen arbeiten...

Nach dem Nachtflug begrüßt mich Santiago mit einem schönen Sonnenaufgang. Spät, es ist 08:00 Uhr Ortszeit..Winter halt.
Aber von vorne. Jens und ich haben beschlossen, dass ich nach meiner Fuß OP zurück nach Chile gehe, um hier nach dem Rechten zu schauen. Jens wird in Deutschland arbeiten und unseren Umzug vorvorbereiten. Bin also bis etwa Mitte Oktober alleine hier. Ganz schön spannend, denn bisher war noch keiner von uns im Winter in Chile. Auf den ersten Blick ist es etwas grüner, weil das unsere Regenzeit ist, sein sollte. Herbstgefärbte Bäume, Orangen leuchten in den Blättern der Plantagenbäumchen. Es  ist Pulli- und- Jacke- kalt, besonders bei uns, mit dem Wind vom Meer. Mittags wärmt die Sonne ganz gut, so dass die Tomaten im Gemüsegarten prächtig da stehen. Aber am späten Nachmittag muss wieder der Ofen angeschmissen werden und gegen sechs wird es rapide dunkel. Lange Abende also. Heute, eine Woche nach meiner Ankunft, bin ich endlich „ normal“ aufgewacht, so von drei Uhr nachts bis sieben Uhr heute morgen habe ich mich wegen des sechs Stunden Zeitunterschieds durchkämpfen müssen.

Die Bilanz unserer sechswöchigen Abwesenheit ist ernüchternd. Der Garten ist in einer schlechten Verfassung, alles voller Unkraut. (Die Hilfe, die ich für acht Stunden wöchentlich engagiert habe, ist nicht nachgekommen. Da kann man mal sehen, wie viel Zeit ich in den Garten stecke, wenn er bei mir immer picobello ist. ) Das Unkraut ist aber nicht das Schlimmste. Einiges ist vertrocknet, einiges kurz davor. Kein Regen. Unsere Zisternen sind leer und die Brunnen geben nur noch wenig Wasser. Ein echtes Problem. Das ist schon der zweite trockene Winter und alle sind deswegen sehr besorgt.

Sehr traurig ist auch, dass wir ein weiteres Kätzchen verloren haben. Das sind schon fünf in diesem Jahr. Die Nachbarn, die auch Katzen vermissen, und ich, vermuten,  dass sie ein großer Nachtvogel holt. Der letzte Verlust liegt allerdings Wochen zurück und wir hoffen, dass „das Ding“ weiter gezogen ist oder einfach seinen Nachwuchs großgezogen hat.




Der Rest der Mannschaft ist wahnsinnig anhänglich und kuschelbedürftig. Da ich wegen meines Fußes noch viel liegen muss, leistet mir die ganze -buchstäblich- Belegschaft Gesellschaft; drei Katzen und zwei Hunde, das passt gerade auf die Liege vor dem Ofen. Seit ein paar Tagen ist auch unser Beagle- Mädchen zum ersten Mal läufig und wir müssen höllisch aufpassen, dass sie keiner schwängert. Bonnie schläft ziemlich viel, aber sie erträgt den Umstand mit Fassung. Da habe im Internet darüber  ganz grausige Dinge gelesen...




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