Donnerstag, 20. Juni 2019

Was ich noch sagen wollte

und mich die Technik des Blogs nicht gelassen hat - immerhin gewichtige Worte über das Glücklichsein.

Wo war ich? Ach so, ja, die Natur. Wenn der Wind vom Meer in den Bäumen rauscht, man in die Sonne blinzelt und abends die Fingernägel von der Gartenarbeit kaum sauber bekommt, dann ist es... Schön, einfach nur schön.

Es regnet, es regnet, die Erde wird nass...

...und sehr weich und rutschig. Unser Helfer hat sich als erstes nach dem Regen hingepackt und musste sich umziehen, weil sein ganzer  rückwärtiger Bereich mit Lehmerde eingeschmiert war. Ich bewege mich ja, dank des Fußes, noch eher im Schneckentempo und jetzt sogar wie eine in Zeitlupe. Die ganze Nacht hat es geschüttet, mit Regen vom Norden, der sich durch die Fensterritzen durchdrückte. Da halfen nur noch Handtücher. Und trotzdem beschwert sich niemand, weil der Regen  so lange ausgeblieben ist, dass es überall nur noch das eine Thema gab: Wann gibt es endlich Wasser?  Besonders schlimm war es, als der von der Wettervorhersage angekündigte Niederschlag über Valparaiso niederging und man von hier, getrennt durch die See, nur neidisch zugucken konnte. Aber jetzt, jetzt endlich, bekamen wir auch etwas ab. Die Zisternen füllen sich langsam.

Vor allem aber gab es hier eine Explosion in Grün. In zwei, drei Tagen ist alles, was vorher roter Staub war, mit frischem Grünzeug bedeckt. Sogar unsere mit Kies abgedeckten Flächen tragen einen zarten jugendlichen  Flaum, über den ich mich sonst aufregen würde, aber ich weiß ja, der ist dann bald wieder verschwunden. Komisch nur, dass auch unsere Kletterpflanze am Carport beschlossen hat zu blühen, lauter rosa, fingerlange Trompätchen, an denen die jetzt wenigen Kolibris naschen. Es blühen auch der Kletterjasmin und die Passionsblume. Am meisten aber staunen alle darüber, dass der Aromo, ein gelb blühender Akazienbaum, überall in vollen Blüte steht. Sieht wunderschön aus, aber der hat sich auch vertan. Der ist nun wirklich normaler Weise erst im August dran.

Unser Boden ist sonst so hart, dass der Spaten abspringt. Den Umstand, dass die Erde jetzt so schön weich und matschig ist, habe ich strategisch genutzt. Alles, was an Pflanzen ausgegraben und umgepflanzt werden musste, habe ich umgesiedelt und aufgeteilt. Wunderbar. Alles scheint den Umzug gut überstanden zu haben und wir haben jetzt so an die dreißig neue Sträucher und Bäumchen mehr. Bin wieder als Gärtnerin unterwegs, wenn auch erstmal nur halbtags. Wie immer mit der ganzen Entourage, die es genießt, dass sie mit Mami draußen spielen und schmusen kann. Wird einmal zu viel gejätet, dekoriert sich eine Mieze genau dort hin, wo man etwas machen möchte. Oder wollte, ursprünglich. Oder Bonnie tut so, als sei sie immer noch ein Welpe und springt einem auf den Schoß. Runter? Vergiss es, erstmal lange genießen, dann eventuell unter Protest runterspringen. Und Wusch? Naja, der ist wie immer mit einem Bällchen unterwegs und sorgt dafür, dass man sich auch mal ab und zu aufrichtet, um den Ball zu werfen. Er findet ihn immer, je weiter, je dichter das Gebüsch, desto höher die Wedelfrequenz und der offensichtliche Spass.

Ansonsten komme ich nicht viel unter Leute, von den paar Einkaufsfahrten mal abgesehen. Nota bene, bin ich froh über mein schönes, dickes Auto. Hab keine Angst im Schlamm gleich stecken zu bleiben mit diesem schweren Geschütz. Tja, abends bin ich hinter Schloss und Riegel sicher; zwei Tore mit Vorhängeschlössern und mit Wachpersonal. Wobei ich jetzt, wo wir Vollmond haben, mich frage, ob „Wachpersonal“ nicht doch von Nichtschlafenlassen kommt. Die Hunde bellen wie verrückt, Bonnie dreht komplett durch und so sehr ich sie lieb habe, war ich heute um halb drei kurz davor, ihr den Hals umzudrehen. Die ersten Nächte nach meiner Ankunft bin ich noch im Bademantel und Taschenlampe rumgerannt, um nachzusehen, jetzt bin ich cooool. Meine, kommunikatives Bellen vom DAISTWASLOSBELLEN  unterscheiden zu können. Ich tröste mich, dass die Vollmondnächte nun bald vorbei sein sollten - übrigens, es ist so hell, dass sogar ich als totaler nachtblinder Blindfisch Zeitung lesen könnte. Naja, fast. So richtig extrem hell hat ich’s hier vor ein paar Nächten, als direkt über mir ein Gewitter ohne Regen tobte. Die Donner waren eher „normal“, aber die Blitze... so etwas habe ich noch nicht erlebt. Das ganze Haus war immer wieder mit gleißend weißem Licht erleuchtet, das tat in den Augen weh. Während diese Blendgranaten in Abständen losgingen, schoss mir durch den Kopf, dass ein Blitzableiter unter Umständen eine gute Idee wäre. Angst hatte ich nicht.

 Man gewöhnt sich auch an bestimmte Dinge, an Erdebeben zum Beispiel. Hatte ich am nächsten Morgen nach meiner Ankunft hier in Chile. Ich saß auf der Bettkante und war noch ziemlich benebelt, als das Brummen und Krachen und Schütteln anfing. Fünfzehn Sekunden in etwa. Zählt mal, das kann sich schon unter Umständen ziemlich lang anfühlen. Soll um die fünf auf der Skala gelegen haben.

Ich denke, es geht mir hier so gut, weil ich so nah an den Elementen bin, an der Natur. Wind vom Meer


Sonntag, 9. Juni 2019

Der erste chilenische Winter

Die langen Flüge scheinen mir nicht mehr so viel auszumachen. Mann/Frau weiß ja, was einen erwartet. Kinofilme bis die Augen zwiebeln, Wegnicken in den unmöglichsten Posen und zum Schluss tun einem alle Knochen weh, besonders der Südpol. Am schlimmsten finde ich den Viehtrieb in den abgesperrten Laufkorridoren vor der Passkontrolle; man schleicht hunderte von Metern, das bleierne Handgepäck wird über den Boden mit dem Fuß weitergeschrappt, immer in Schleifen. Nach jeder Wende die selben übermüdeten Gestalten, Köpfe auf die Handys gerichtet. Kaum jemand redet, wir haben uns gefügt und ergeben und wollen nur noch durch, zum Brandeisen bzw. Einreisestempel.

 Am Gepäckband, an dem die Koffer von drei Flügen gleichzeitig landen, kommt Leben in die Durchhängenden. Hektisches Gedränge und Geschubse, am besten mit Gepäckwagen. Diejenigen, die ihre Koffer ergattert haben, kommen nur schwer vom Band weg, weil Missgünstige, die die freiwerdende Pol Position beerben wollen, den Weg nicht freigeben. Am besten das Ganze, wenn noch Zollbeamte mit Hunden dazwischen arbeiten...

Nach dem Nachtflug begrüßt mich Santiago mit einem schönen Sonnenaufgang. Spät, es ist 08:00 Uhr Ortszeit..Winter halt.
Aber von vorne. Jens und ich haben beschlossen, dass ich nach meiner Fuß OP zurück nach Chile gehe, um hier nach dem Rechten zu schauen. Jens wird in Deutschland arbeiten und unseren Umzug vorvorbereiten. Bin also bis etwa Mitte Oktober alleine hier. Ganz schön spannend, denn bisher war noch keiner von uns im Winter in Chile. Auf den ersten Blick ist es etwas grüner, weil das unsere Regenzeit ist, sein sollte. Herbstgefärbte Bäume, Orangen leuchten in den Blättern der Plantagenbäumchen. Es  ist Pulli- und- Jacke- kalt, besonders bei uns, mit dem Wind vom Meer. Mittags wärmt die Sonne ganz gut, so dass die Tomaten im Gemüsegarten prächtig da stehen. Aber am späten Nachmittag muss wieder der Ofen angeschmissen werden und gegen sechs wird es rapide dunkel. Lange Abende also. Heute, eine Woche nach meiner Ankunft, bin ich endlich „ normal“ aufgewacht, so von drei Uhr nachts bis sieben Uhr heute morgen habe ich mich wegen des sechs Stunden Zeitunterschieds durchkämpfen müssen.

Die Bilanz unserer sechswöchigen Abwesenheit ist ernüchternd. Der Garten ist in einer schlechten Verfassung, alles voller Unkraut. (Die Hilfe, die ich für acht Stunden wöchentlich engagiert habe, ist nicht nachgekommen. Da kann man mal sehen, wie viel Zeit ich in den Garten stecke, wenn er bei mir immer picobello ist. ) Das Unkraut ist aber nicht das Schlimmste. Einiges ist vertrocknet, einiges kurz davor. Kein Regen. Unsere Zisternen sind leer und die Brunnen geben nur noch wenig Wasser. Ein echtes Problem. Das ist schon der zweite trockene Winter und alle sind deswegen sehr besorgt.

Sehr traurig ist auch, dass wir ein weiteres Kätzchen verloren haben. Das sind schon fünf in diesem Jahr. Die Nachbarn, die auch Katzen vermissen, und ich, vermuten,  dass sie ein großer Nachtvogel holt. Der letzte Verlust liegt allerdings Wochen zurück und wir hoffen, dass „das Ding“ weiter gezogen ist oder einfach seinen Nachwuchs großgezogen hat.




Der Rest der Mannschaft ist wahnsinnig anhänglich und kuschelbedürftig. Da ich wegen meines Fußes noch viel liegen muss, leistet mir die ganze -buchstäblich- Belegschaft Gesellschaft; drei Katzen und zwei Hunde, das passt gerade auf die Liege vor dem Ofen. Seit ein paar Tagen ist auch unser Beagle- Mädchen zum ersten Mal läufig und wir müssen höllisch aufpassen, dass sie keiner schwängert. Bonnie schläft ziemlich viel, aber sie erträgt den Umstand mit Fassung. Da habe im Internet darüber  ganz grausige Dinge gelesen...