Freitag, 28. Januar 2011

Halbzeit 2.

Hier noch ein kleiner Nachtrag zum Thema Konzert; das Bild ist mir bei dem vorherigen Eintrag abgehauen und das Blog-System ist so doof, dass man da nix einsetzen kann. Also hier nochmal, damit alle sehen können, wie kalt es im Sommer im Süden sein kann, Wollmützen- und Deckenkalt. So schön es dort mit den herrlichen Seen und Vulkanen ist- wir sind froh, dass wir uns ein wenig "höher" angesiedelt haben.

Und nun zu unseren baulichen Großtaten: Hier einige Informationen für Liebhaber harter Fakten zu der Großen Chilenischen Mauer, von der ich doch mit einigem Stolz annehme, dass sie ebenfalls aus dem All zu sehen ist. Wir haben sie fertig gebaut und sie wird unser Garten gut abstützen - auf der einen Seite, die andere soll unsere Pferde in spe von Knabberattaken auf die Blumen abhalten.

Länge: 26 m

Steine gesetzt, mit Eisen versehen und gefüllt: 360

Zementsäcke: 150

Lücken zwischen Steinen gefüllt: 350



Tja, da staunt Ihr! Das macht Muckis und... Spaß.

Und weil es so schön war haben wir zwei in einigen Etappen die Fundamente unter das kleine Haus auf dem Keller gegossen, ca. 50 qm. Das ist alles sehr ordentlich geworden.

Auf dem Bild kann man außerdem noch Kaninchensschutz rund um eine Palme sehen. Wir versuchen so gut es geht, unsere Pflanzen vor den kleinen Biestern zu schützen, aber die fressen einfach alles. Zwar haben wir in unserem Fuchs einen Verbündeten - gestern gerade lief er mit einem fusseligen Abendbrot im Maul an uns vorbei- aber das hilft nicht viel. Leute haben gegen die Kaninchen böse Fallen aus Draht oberhalb unseres Grundstücks aufgestellt. Vor ein paar Tagen hörten wir lautes Jammern und sahen, dass Tapsi verschwunden war. Wir rannten sofort in diese Richtung, aber da kam sie uns schon entgegen, mit einer abgerissenen Schlinge um den Lauf.

Was noch? Vor der Terrasse stehen weiße Ständer, an denen haben wir kleine Kletterrosen festgemacht, so können sie schon mal ein wenig "vorwachsen", bis das Haus steht.

Das Blaue übrigens ist das Meer, immer wieder anders, immer wieder faszinierend.

Und was ist das? Da prüft unser Jimmy die Qualität unseres letzten großen Einkaufs. Man sieht es: "genehmigt"!


Wir haben für das kleine Haus Fenster und Türen bei einem Mann gekauft, der die Sachen von Gebäudeabrissen aufhebt, so verkauft oder in seiner Tischlerei aufarbeitet. Das sind zum Teil sehr schöne, stabile und aus hervorragendem Holz gefertigte Dinge. Heutzutage wollen ja alle Alufenster haben, wir sind die absoluten Exoten mit unserem Wunsch nach Holzfenstern mit Sprossen. Inzwischen habe ich einige von ihnen gereinigt und abgeschmirgelt, nun muss Jens ein paar Stellen ausbessern und dann kann ich sie streichen. Wir sind sehr froh über die schönen althergebrachten Formen und nicht zuletzt darüber, dass wir so Geld gespart haben.



Dieses Haus braucht zwar keine Fenster und Türen, hat aber trotzdem eine wichtige Aufgabe erfüllt: Es ist unser Test für die Farbe der beiden Häuser. Wir haben uns für ein warmes, freundliches Gelb entschieden, das auf dem Hintergrund der roten Erde und der grünen Pflanzen schön aussehen wird. Dazu gibt es weiße Sprossenfenster und Läden.




Unsere Tapsi hat ihre Bude sofort angenommen und residiert darin wie die Queen persönlich. Sie ist nun erwachsen und sehr hübsch geworden. Sie ist schlau, sehr gelehrig und brav. Ihr größtes Glück ist neben dem Auto zur Baustelle zu sausen, sie dreht voll auf und ist fast 40 kmh schnell.


Und zum Schluss noch mal etwas tierisches. Wir haben uns ein wenig mit einer Eselin und ihrem Fohlen angefreundet, die sonst sehr scheuen Tiere waren sehr zutraulich. Sie brauchten unsere Hilfe; die Mama wieder hochschwanger und halbverhungert, das Kleine vergeblich an ihr hängend. Sie kamen einfach auf uns zu. Wir haben ihnen ein wenig Futter gegeben, wenn wir sie irgendwo sahen. Dann aber entdeckte ich, dass irgendein Schwein von Mensch dem Kleinen ein Ohr durchgeschosen hat. Es hat nun ein 2 Euro- Großes Loch darin, es blutet und das Ohrchen hängt. Die Frage ist, ob es der Besitzer getan hat, um sein Tier zu "markieren" (jawoll, wird so gemacht), oder jemand von den herumballernden Freizeit-Vollidioten Spaß haben wollte. Es ist manchmal nicht zu fassen, wie dumm und brutal Menschen sein können. Ich wünsche jedenfalls demjenigen, der dieses entzückende Geschöpfchen so verunstaltet hat, dass er in der Hölle schmort.


Dies hier sind nicht "unsere" Esel, diese sehen wir ab und zu neben unserer Parzelle. Sind sie nicht allerliebst?

Dienstag, 25. Januar 2011

Halbzeit 1.

Eine Halbzeit ist so eine Sache: hat man sie erreicht, schaut man gern darauf, was bisher erreicht wurde - das ist das Gute daran. Das weniger angenehme ist, dass langsam der Druck ansteigt, all das noch zu schaffen, was auf dem Zettel steht. Hakuna matata heißt es dann, nur nicht sich selbst verrückt machen, das wird schon. Gebe zu, es ist ein wenig Autosuggestion dabei.

Bevor es in der "Halbzeit 2." mit der Bilanz losgeht, ein Blick zurück:

Mitte Dezember wollten wir doch tatsächlich ein bisschen Urlaub machen. Es hieß, dass wir nach dem Mozart-Konzert auf dem Fundo Papageno ein paar Tage mit einem Freund segeln wollten. Auf dem Weg in den Süden nahmen wir seinen Umzugskram mit - das war ein eindrucksvoller Stapel auf unserer treuen KIA.


Je näher wir unserem Ziel kamen, desto nasser und kälter wurde es. Im strömenden Regen haben die Jungs nach einer 12-stündigen Fahrt abgeladen und die Sachen ins Appartement, 8.Stock, geschafft. Unser Freund hatte zwar einen Helfer engagiert, aber der guckte dann, als es soweit war, aus dem Fenster, und meinte, dass er nun nicht mehr helfen würde, es regnete ja. Tja, die lieben Chilenen.

Am nächsten Tag beschlossen wir unsere verfrorenen Knochen in den Termas Geometricas aufzuwärmen, von oben war es sowieso nass, also was soll's. Als erstes kauften wir ein paar Säcke Kies und legten sie auf die Ladefläche, damit wir den Anstieg dorthin auf einer Schotterpiste schafften. Unser Freund kam mit und legte noch Schwerwiegendes hinzu; eine chilenische Torte als Reiseproviant. Dazu ist zu sagen, dass chilenische Süßwaren den zulässigen Grenzwert von ziemlich allem mehrfach überschreiten. Wir kletterten in einem waschstrassenähnlichen Regen über eine zum Teil schon unterspülte Piste mit reißenden Bächen dem Ziel entgegen und waren mit jedem Kilometer menschenleerer Strecke immer skeptischer, ob die Thermen bei diesem Wetter überhaupt geöffnet sind. Jens fuhr unverdrossen in jede große Wasserlache, von der man nicht wusste, wie tief sie war, und lenkte das Auto durch die eben noch passierbaren Bäche, die quer über die kurvige Strasse mit einem teilweise steilen Anstiegen brausten. Trocken meinte er, dass wir - wie auch immer es da oben mit den offenen oder geschlossenen Thermen sei - wohl kaum wieder runter kämen, wenn es weiter so schüttete. Da das Wenden ohnehin schwer vorstellbar war, haben wir drei beschlossen, es geht weiter - no risk -no fun.

Endlich kamen wir an und zu unserer großen Freude stellten wir fest, dass die Thermen geöffnet hatten. Es waren sogar Besucher da; auf dem Parkplatz stand ein Dutzend schicker Allrad-Jeeps, wahrscheinlich ein Firmenausflug. Glücklicherweise waren die Herrschaften schon dabei zu gehen und wir konnten die wunderschöne Anlage ganz allein für uns haben. (hier ein paar Bilder von einem früheren Aufenthalt). In den in den Fels gehauenen Becken konnte es man sich bei 38 - 42 Grad Vulkanwärme so richtig gut gehen lassen. Von oben viel immer noch kalter Regen, also war regelmässiges Untertauchen ratsam.



Unser Freund versteckte sich vor dem Nass von oben unter einem riesigen Blatt einer Nalca, die so aussieht wie Rhabarber, im Bild links unten. Dort blieb er versteckt, aber leider auch vor uns. Als wir ihn durch den Regenvorhang nicht mehr sahen, waren wir doch ziemlich beunruhigt. Jens machte sich auf die Suche. Nachdem er etliche Becken nach einem leblos treibenden Körper abgesucht hatte, fand er ihn endlich. Nein, nicht den Körper, sondern glücklicherweise den kompletten Entrückten - man musste nur ein großes Blatt anheben und da war er, unser German, ganz im Nirvana entspannt und glücklich.

Danach haben wir uns noch ein wenig mit heißen Getränken am Feuer getrocknet - auch in der Hoffnung, eine Regenlücke auf dem Sprintweg zum Auto zu erwischen. Ist uns nicht ganz so geglückt und wir schmissen gleich die Standheizung zum Trocknen an.

Das war der Moment, in dem German Ernst machte. Er holte die Torte aus. Mit vereinten Kräften und mit zum Teil völlig ungeeigneten Werkzeugen haben wir das Ding überwältigt. Es hat sich unregelmässig auf unsere Mägen, Gesichter, Kleidung und die Polster verteilt. So mit ausreichend Nervennahrung versehen, machten wir uns auf den Weg nach unten. Es ging gut.


Am Abend trafen wir auf dem Fundo Papageno ein. Dort waren schon einiger der Übernachtungsgäste da, unter anderem ein Bekannter von Jens aus Deutschland, der im Nachbarort wohnt. Zwei Mal hatten wir es im Sommer versucht, uns zu treffen und erst in Chile, am anderen Ende der Welt, hat es geklappt.
Auch am Konzerttag war das Wetter schrecklich. Keiner glaubte mehr daran, dass es stattfinden würde. Als es dann noch drei Stunden vorher anfing zu hageln, versuchten wir dem Gastgeber seinen unverdrossenen Optimismus schonend auszureden. Doch der entschuldigte sich artig, stand vom Tisch auf und verschwand im Garten. Von dort konnten wir ein tierisches Gebrülle vernehmen, was wir kaum in Verbindung mit unserem äusserst kultivierten Gastgeber bringen konnten. Er kam auch wieder freundlich lächelnd rein. Was soll ich sagen? Der Regen hörte auf, die Sonne kam raus und das Konzert fand statt. Es kamen zwar nur halb so viele Besucher wie sonst - wegen des schlechten Wetters haben nicht nur wir den Glauben an das Gelingen verloren. Aber es wurde Mozart zu seinem Todestag gebührend gehuldigt - mit Chor, Orchester und einem spektakulären Blick auf den See. Leider musste das Programm gekürzt werden, weil den Streichern die Finger vor Kälte klamm wurden. Schön war es trotzdem. Eines aber wüßte ich zu gerne: wer ist da so angebrüllt worden? Amadeus, damit er sich beim Herrn einsetzt? Falls man es auch mal im Notfall braucht...

Am nächsten Tag stellte sich heraus, dass German sich um seinen erkrankten Vater kümmern muss und dass das Segeln ausfiel. Ehrlich gesagt, so sehr wir uns auf den Segeltörn gefreut haben, wollten wir gerne wieder nach Hause. Auf die Parzelle, mauern, pflanzen, was auch immer. Wir sind erst gegen Mittag losgekommen und so mussten wir unterwegs eine Übernachtung einlegen. Lange hielten wir von der Autobahn Ausschau nach etwas geeigneten, aber da war nicht viel. In dieser Hinsicht ist hier noch einiges nachzuholen. Bei Talca waren wir dann so hundemüde, dass es uns egal war, wie die Unterkunft aussah, Hauptsache schlafen. Das, wo wir gelandet sind, gehört auf unsere Hitliste der rottesten Löcher, die man sich vorstellen kann ganz oben. Wir bestellten uns zum Trost den besten Wein, der zu bekommen war und der war wirklich großartig, ein Wunder. Ausserdem half er uns nur noch in das verwanzte Bett zu fallen, ohne auch den leisesten Wunsch nach dem Gebrauch der so genannten "sanitären Anlagen" zu verspüren. Am nächsten Morgen - nur nicht so genau hingucken und nichts wie weg!

Dafür sind wir am nächsten Tag über das Valle Colchaqua gefahren, wo wir uns in dem vertrauten Weingut Laura Hartwig schönen Wein kauften und nebenan in einem neuen Restaurant vorzüglich italienisch speisten. Eigentlich haben wir uns das Essengehen in Chile ganz abgewöhnt; zu teuer und vor allem zu 99% lausig, aber das war ein Erlebnis. Die Reserva war übrigens ein Sonderangebot, weil die Flaschen mit kyrillischen Etiketten versehen waren und die Russen offensichtlich das Geschäft haben platzen lassen. Gut für uns! Wir haben festgestellt, dass sich in den letzten Jahren in dieser Region in Sachen gehobene Touristik mit schönen Unterkünften und sehr guter Küche einiges getan hat. Gleich haben wir die Gelegenheit genutzt und Kontakte für unsere zukünftigen Gäste geknüpft.

Unterwegs gab es immer noch die Auswirkungen des großen Edbebens im Februar zu sehen; eingestürzte Brücken, abgesackte Strassen. In vielen kleinen Ortschaften sind fast die gesamten alten Gebäude aus Lehmziegel mit den schweren Dachpfannen dem Erdbeben zum Opfer gefallen. Das ist nicht nur für die Menschen tragisch, es geht damit auch ein Stück Kultur verloren. Denn keiner hat den Sinn dafür Altes wieder aufzubauen, geschweige denn Geld dafür. An dieser Stelle werden dann bald uniforme Häuser in superleichtbauweise mit Alufenstern stehen. Schade.

Das war also unser Kurzurlaub. Wir waren glücklich, wieder zu Hause zu sein.